Drei Take-Aways vom NASF 2023

Philipp Hämmerli | 27. April 2023

Im März 2023 fand das North Atlantic Seafood Forum in der Seafood-Hauptstadt Bergen statt. Trotz wirtschaftsfeindlicher Politik im ressourcenreichen Norwegen verzeichnete die Konferenz eine Rekordzahl an Teilnehmern. Bonafide gehört seit 2012 zu den Stammgästen an diesem wichtigen Industrie-Anlass. Nebst spannenden Unterhaltungen mit Managern aus allen Ecken dieser Welt, brachten die Konferenzpräsentationen wichtige Erkenntnisse zu Tage. Nachfolgend teilen wir drei Eindrücke, die uns besonders in Erinnerung blieben.

Fischereiminister und Krisen

Die Eröffnungsrede zur Konferenz gehört gewöhnlich der norwegischen Politik und trotz heftigen Enteignungsplänen der aktuellen Regierung hielt man an dieser Tradition fest. Der Fischereiminister sprach zum Auftakt der Session unter dem Titel «Inspiration» von zahlreichen Krisen, vor denen Bevölkerung, Wirtschaft und Politik stehen oder standen. Die Coronapandemie und die damit zusammenhängenden Schwierigkeiten mit den globalen Lieferketten seien noch nicht lange vorbei. Seit bald zwei Jahren kämpfe man zudem mit Inflationsraten respektive Kostenanstiegen, die in schwindelerregende Höhen vorgestossen seien. Die Energiekosten in Europa haben sich mehr als verdoppelt, das spüren alle. Und seit etwas mehr als einem Jahr tobt in Osteuropa ein wüster Krieg, welcher weitere Schwierigkeiten wie etwa die Flüchtlingsbewegung mit sich bringe. Alle Zuhörer warteten gespannt auf ein paar Worte zur norwegischen Ressourcensteuer auf Lachszuchten, mit welcher die Regierung gerade die nächste Angebotskrise auslöst respektive Norwegens Wachstumsindustrie Nummer eins die Flügel stutzt. Aber wie Politiker eben funktionieren, man spricht um den heissen Brei herum. Ohne eine einzige Aussage zu diesem Thema verliess der Minister das Podium nach knapp 10 Minuten Sprechzeit unter verhaltenem Applaus. Die Enttäuschung über Norwegens Regierung konnten wir in all den zahlreichen Gesprächen mit Konferenzteilnehmern spüren. Die Meinungen zum Ausgang der Ressourcensteuer sind breit gestreut. Das Wichtigste für die Industrie wäre aber, endlich Klarheit zu erhalten, damit Investitionsrechnungen wieder möglich sind. Ob in Norwegen oder im Ausland, die Aquakultur-Unternehmen werden wachsen.

Eröffnungsrede des norwegischen Fischereiministers

China neuerdings ein Nettoimporteur

Bei Nahrungsmitteln respektive Rohstoffen zeigen die globalen Handelsströme stets wichtige Entwicklungen auf. Obwohl China mit ihrer Karpfenzucht eine Aquakulturnation ist, geschah 2022 beachtliches. Gemessen an den Handelswerten in USD ist China erstmals zum Nettoimporteur von Fish & Seafood verkommen. Innert nur zehn Jahren hat sich Chinas Hunger auf ausländischen Fisch verdreifacht. Die Importe sind von 7 Milliarden USD im Jahr 2012 auf 22 Milliarden USD im vergangenen Jahr gestiegen, was einer annualisierten Wachstumsrate von 10.5% entspricht. Die Exporte haben im gleichen Zeitraum lediglich um 1.8% p.a. zugelegt. Damit folgt China den zwei Weltmärkten Europa und USA, deren Handelsbilanzen in dieser Kategorie Jahr für Jahr stärker ins Negative driften. Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Proteinen, die zudem mit geringem Fussabdruck produziert werden können, hält seit Jahren an. Die Regierungen der importierenden Nationen müssen sich Gedanken zum Selbstversorgungsgrad machen oder gute Beziehungen zu den Exportnationen pflegen. Der Klimawandel drängt die Erdbevölkerung dazu, die Ressourceneffizienz zu steigern. Hier spielen Aquakulturen eine entscheidende Rolle. In unsicheren Zeiten, wo sich zudem Rohstoffe verknappen, sollten sich Investoren bei ihren Anlageentscheiden auf langfristige Entwicklungen stützen. Die stärkere Verhandlungsposition dürfte in den kommenden Jahren eindeutig bei den Lebensmittelproduzenten liegen. Das Beispiel von China ist lediglich eine weitere Bestätigung dieses Megatrends.

Source: Trade Data Monitor, Rabobank, 2023

Für einen Hühnerhautmoment hat die Präsentation des weltgrössten Aquakulturunternehmens Mowi gesorgt. Obwohl seit geraumer Zeit bekannt ist, dass das Angebotswachstum in der Spezies «Lachs» wegen Regulation und sich eintrübenden Rahmenbedingungen (bspw. Ressourcensteuer in Norwegen) niedrig sein wird, hat es noch kein Unternehmen in dieser Deutlichkeit ausgedrückt. Mowi erwartet bis 2027 eine durchschnittliche Angebotszunahme von 2%. Die letzten zehn Jahre lag das Volumenwachstum jährlich bei 4%. Sollte die Kauflust für das Gut «Lachs» auch die kommenden Jahre mit 11% p.a. steigen, dann verkommt der Speisefisch bald zum Luxusgut. Aber auch bei markant niedrigerem Nachfragewachstum gibt es für den Lachspreis nur eine Richtung und die zeigt nach oben. Wohl für einen längeren Zeitraum als mancher Seafood-Analyst heute in seinen Erwartungen impliziert hat. Die Unsicherheiten zur Ressourcensteuer überschatten derzeit diese Fundamentaldaten, die für die Lachszüchter noch nie so gut waren wie im jetzigen Umfeld.

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